Jacques Offenbach (1819 – 1880) – Gaité Parisienne

Daß der Kölner Jacques Offenbach einmal zum König der gehobenen musikalischen Unterhaltung im Paris des zweiten Kaiserreiches werden sollte, war ihm nicht an der Wiege gesungen. Offenbach stammte aus Köln, wo sein Vater Kantor an der Synagoge war. Der junge Jackob – so sein ursprünglicher Name – lernte das klassische Cellospiel und hätte eigentlich ein „seriöser“ Musiker werden sollen. 1833 ging sein Vater, den man nach seiner Heimatstadt den „Offenbacher“ genannt hatte, mit ihm und seinem Bruder Juda aber nach Paris, wo er eine bessere musikalische Ausbildung für seine Söhne und wohl auch eine für Juden offenere Atmosphäre erhoffte. Diese Entscheidung sollte für Offenbachs weiteres Schicksal bestimmend werden. Er blieb, auch wenn er später vor seinen Gläubigern immer wieder Mal nach Bad Ems flüchtete, sein Leben lang an die französische Metropole gebunden und drückte ihr schließlich selbst seinen Stempel auf.

 

Paris freilich wollte Offenbach erst gar nicht haben. Da das Pariser Konservatorium grundsätzlich keine Ausländer aufnahm, lehnte dessen Direktor, kein geringerer als Luigi Cherubini, Offenbachs Aufnahmeantrag zunächst einmal ab. Als er ihn allerdings spielen hörte, erteilte er ihm eine Sondererlaubnis. Nach dem Besuch des Konservatoriums, auf dem er, da er nur inoffizielles Mitglied war, keine Abschlußprüfung ablegen durfte, schlug sich Offenbach im Paris Louis Philippes jahrelang schlecht und recht als Cellist und später als Kapellmeister durch. Er spielte im Orchester, tingelte mit selbst geschriebenen Piècen durch die Salons und veranstaltete, weil das Geld nicht reichte, gelegentlich auf eigene Rechnung Konzerte, zu denen er seine Gönner in der Erwartung einlud, daß sie sich nicht geizig zeigen können.

 

Seine Versuche, als Bühnenkomponist Fuß zu fassen, hatten zunächst keinen durchschlagenden Erfolg. Vor Enttäuschung war Offenbach, der hier seine eigentliche Berufung sah, drauf und dran, Paris zu verlassen. Er erkundete das Terrain in London, merkte dort aber nur, wie sehr er nach Paris gehörte. In einem Brief aus London, wo er den Monarchen Europas mit großem Erfolg auf dem Cello vorspielte, schrieb er im Jahre 1844: „Alle Ehrungen hindern nicht, daß ich mein schönes Paris noch mehr liebe. Hier ist alles grandios und – kalt. Dort unten dagegen ist alles graziös, kokett und – warm“. Lange bevor er seinen eigenen großartigen Auftritt auf der Pariser Bühne hatte, beschrieb Offenbach damit das Bild der Seine-Metropole, das er recht eigentlich geprägt hat.

 

Offenbachs beispielloser Erfolg auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuteten, trat erst ein, als mit dem  „Operettenkaiser“ Napoleon III. sein kongeniales Gegenstück die (politische) Bühne betrat. Mit dem Auftritt des Neffen Napoleons wurde Paris von der Leichtigkeit des Seins aber auch der Leichtsinnigkeit der Seienden erfüllt. Offenbach hatte damit nicht nur den Stoff zu seinen zahllosen satirischen Werken, sondern zugleich sein Publikum. Die ein wenig halbseidene Pariser Gesellschaft, die seine Einakter, Musetten und Operetten besuchte, beklatschte darin die Parodie ihrer selbst.

 

Offenbachs Bühnenkarriere begann damit, daß der ausschweifende Kapitalismus, der sich mit Napoleon III. breit machte, auch bei ihm unternehmerische Kräfte freisetzte. Da andere an die Produktion seiner Werke nicht heran wollten, mietete er sich zur Pariser Weltausstellung des Jahres 1855 in der Nähe der Champs Elysee selbst ein kleines heruntergekommenes Theater und führte seine Werke auf eigene Rechnung auf. Der Erfolg war überwältigend. Schon nach einem halben Jahr wurden größere Räume nötig. Später kamen, allerdings mit wechselndem wirtschaftlichen Erfolg, neue Theater hinzu. Offenbach komponierte dafür ein Bühnenwerk nach dem anderen, stattete die Stücke verschwenderisch aus und besetzte sie mit großen Stars. Während der Pariser Weltausstellung des Jahres 1867 wurden seine Werke in drei Theatern gleichzeitig aufgeführt. Schon bald sollte seine Musik ganz Europa und sogar Amerika erobern.

 

Merkwürdigerweise findet sich unter den fast 100 Bühnenwerken Offenbachs nur ein Stück, das unmittelbar für Ballett geschrieben wurde. Da sich aber in seinen Werken aber überall Polkas, Mazurkas, Walzer, Galopps und Menuette finden, ist es nicht verwunderlich, daß sich die Ballettkünstler auch seiner sonstigen Musik angenommen haben. Auf diese Weise entstand auch das Ballett „Gaité parisienne“. Es ist eine posthume Zusammenstellung von Stücken aus verschiedenen Werken Offenbachs um eine Handlung, die, wie so viele seiner Stücke, in den Pariser Halbwelt angesiedelt ist.

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