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Nino Rota (1911-1979) Konzert für Posaune und Orchester

Der Italiener Nino Rota ist vermutlich der bekannteste klassische Komponist, den niemand kennt. Viele seiner Kompositionen sind weltberühmt. Dennoch dürften die meisten Liebhaber der klassischen Musik mit seinem Namen nicht viel anfangen können.

Rota war ein musikalisches Wunderkind vom Schlage eines Mozarts. Sein erstes Werk war ein Oratorium, welches er als Elfjähriger geschrieben hatte. Es wurde im Jahre 1923 in Mailand und Paris aufgeführt. Mit dreizehn Jahren schrieb Rota die Musik zu einer dreiaktigen musikalischen Komödie, die auch im Druck erschien. Kein geringerer als sein Landsmann Arturo Toscanini empfahl ihm einige Jahre später, zur weiteren Ausbildung in die neue Welt zu gehen, wo man seinerzeit gerne auch unbegrenzte kulturelle Möglichkeiten vermutete. Dort vervollständigte Rota von 1930 bis 1932 seine musikalischen Kenntnisse, um danach aber doch in sein altes Heimatland zurückzukehren, wo er eine akademische Karriere aufnahm. Diese führte ihn an das Liceo musicale in Bari, dessen Leiter er über fast drei Jahrzehnte war. Von diesem eher abgelegenen Ort aus entfaltete er eine weltweite musikalische Wirksamkeit, die mit den höchsten Ehrungen bedacht wurde.

In Amerika dürfte Rota auf die neuen Möglichkeiten der musikkünstlerischen Betätigung gestoßen sein, welche die seinerzeit dort mächtig aufblühende Filmindustrie bot. Er begann Filmmusik zu komponieren und wurde wegen seiner großen Vielseitigkeit und der ausgeprägten Fähigkeit, schnell maßgeschneiderte Klanglösungen für bestimmte Zwecke zu liefern, bald zu einem der gefragtesten Komponisten seiner Zeit für Filmmusik. Im Laufe seines Lebens schrieb er rund 170 „sound tracks“, darunter für so berühmte Filme wie „Der Pate“ – dafür erhielt er einen Oskar -,  „La Dolce Vita“ oder „Krieg und Frieden“. Alle großen italienischen Regisseure nahmen seine Dienste in Anspruch. Besonders eng war seine Zusammenarbeit mit Federico Fellini, der ab 1950 alle seine Filme musikalisch von Rota ausstatten ließ.

 Bei aller Arbeit für das neue Medium hat Roti das alte europäische Erbe nicht vernachlässigt. Sein „klassisches“ Oeuvre ist nicht weniger umfangreich als sein filmusikalisches. Er komponierte Werke für alle traditionellen Gattungen, unter anderem zehn Opern, drei Symphonien und dreizehn Solokonzerte. Mit den mitunter abgehobenen Bestrebungen der musikalischen Avantgarde seiner Zeit war er durchaus vertraut. Er war befreundet mit Igor Strawinsky und hat hier und da auch Ausflüge in die Zwölftonmusik unternommen. Von der Filmmusik kommend hat er aber nie vergessen, dass Musik einem Zweck dient. Daher hielt er bei aller moderner Flexibilität im Umgang mit dem musikalischen Material an einem so traditionellen Prinzip wie dem fest, dass die Musik für einen Hörer gedacht ist und daher für diesen verständlich sein müsse. Dies gilt auch für sein Konzert für Posaune und Orchester aus dem Jahre 1966. Die phantasiereiche thematische Verarbeitung bleibt hier, auch wenn sie in eine Orgie von farbgebenden Dissonanzen eingebettet ist, für den Hörer immer nachvollziehbar und transparent. Schwerpunkt dieses Werkes ist ohne Zweifel der tiefsinnige langsame Satz, der von gutgelaunt-musikantischen Ecksätzen eingerahmt ist.

Rotas Konzert für Posaune ist eines der wenigen Solowerke für dieses Instrument. Insbesondere hat keiner der großen Klassiker ein Konzert für die Posaune geschrieben. Dies ist umso erstaunlicher, als dieses Blechblasinstrument eine unbegrenzte harmonische Flexibilität besitzt – sie war ursprünglich neben den Streichinstrumenten das einzige Orchesterinstrument, welches ohne weiteres alle Tonarten spielen konnte. Hinzu kommt, dass die Posaune auch ausgesprochen sangliche Qualitäten hat, was Rotas Konzert eindrucksvoll demonstriert.