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Ein- und Ausfälle – Kepler und Kircher

Zwei Figuren, die für das Werden des geistigen Europas in der Zeit des Wechsels vom magisch religiösen zum (natur)wissenschaftlichen Weltbild exemplarisch sind: Johannes Kepler ist der Europäer, der mühevoll den Weg aus den deduktiven Gedankengeflechten der alten Autoritäten in eine tatsachenorientierte Zukunft bahnt (wobei er nach anfänglichen platonischen „Experimenten“ zu den ersten mathematisch formulierten astronomischen Naturgesetzen, eben den Kepler`schen Gesetzen kam).   Athanasius Kircher ist der nicht weniger exemplarische Typus des unermüdlichen, unendlich neugierigen und vielfältig interessierten Europäers, der die Theoriegebäude der Vergangenheit erhalten aber mit den neuen Möglichkeiten der Tatsachenerkenntnis in Einklang zu bringen sucht (weswegen er etwa im Streit zwischen dem geo- und dem heliozentrischen Weltbild eine Kompromisslösung vertrat, wonach ein Teil der Planeten um die Sonne, die meisten aber um die Erde kreisten). Es war eine Zeit des Ringens um die Weltsicht Europas, bei der Kircher, der fast der Nachfolger Keplers als Hofmathematiker in Wien wurde, schließlich unterlag und in Vergessenheit geriet. Dass man sich heute wieder für Kircher interessiert, hat offenbar etwas damit zu tun, dass seine Art der Verbindung von Fakten und Irrationalismus wieder auf dem Vormarsch ist.