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Johann Nepomuk Hummel (1778 – 1837) – Te Deum für Chor und Orchester D-Dur

Hummel ist eines der zahlreichen großen Musiktalente aus dem unerschöpflichen Reservoire des k&k Reiches. Altersmäßig angesiedelt zwischen Klassik und Romantik war er mit allen großen Musikern seiner Wiener (Wahl)Heimat vernetzt. Er war Schüler Mozarts, der den achtjährigen zu diesem Zweck zwei Jahre kostenlos in seinen Haushalt aufnahm, war Kollege des alternden Haydn beim Fürsten Esterházy, war befreundet mit Beethoven, mit dem er um die Krone des besten Pianisten rivalisierte, und wurde von Schubert bewundert, der ihm seine letzten drei Klaviersonaten widmete. Als gefragter Lehrer hat er viele berühmte gewordene Schüler geformt, u.a. Ferdinand Hiller, den Schwaben Friedrich Silcher und kurzfristig auch Felix Mendelssohn-Bartholdy. Hummel war einer wichtigsten Vertreter des „stile brillante“, bei dem ein ausgeprägtes Figuren- und Passagenwerk im Vordergrund der musikalischen Gestaltung steht. Nachhaltige Wirkung hatte er damit auf Franz Liszt, der einmal sein Schüler werden wollte, aber die außerordentlich hohen Stundenhonorare nicht bezahlen konnte, die Hummel verlangen konnte. Großen Einfluss hatte er auch auf Frédéric Chopin, dessen Klavierkonzerte sich an Hummels Kompositionsweise anlehnten.

Seine Musikerlaufbahn begann Hummel als reisendes Wunderkind. Ähnlich wir Mozart war er mit seinem Vater Jahre lang in Europa unterwegs. Es folgte eine Zeit als Klaviervirtuose, als welcher er bald als einer der besten seiner Zunft galt. Man rühmte vor allem sein Improvisationstalent (eine berühmte Probe gab er davon bei der Trauerfeier anlässlich des Todes von Beethoven ab). Hummel bevorzugte aber eine gesicherte Position in einer Anstellung als Kapellmeister, die seinerzeit regelmäßig mit der eines Komponisten verbunden war. Auf Vorschlag von Josef Haydn wurde er 1804 dessen Stellvertreter beim Fürsten Esterházy und nach Haydns Tod sein Nachfolger. 1811 schied er aber im Unfrieden aus den dem ersterházy´schen Dienst aus. Man warf ihm mangelnden Fleiß und Disziplinlosigkeit vor. Nach fünf Jahren freiberuflicher Tätigkeit als Virtuose und Komponist in Wien nahm er als Nachfolger Konradin Kreutzers die Stelle des Kapellmeisters in Stuttgart an. Hier machten ihm die Kunstadministratoren das Leben schwer, weswegen er nach drei Jahren hoch frustriert in noch größerem Unfrieden als bei Esterházy seine Demission erzwang, um die Stelle des Kapellmeisters in Weimar zu übernehmen. Im Kreise der literarischen Klassiker wirkte er nun achtzehn Jahre endlich erfolgreich und glücklich. Insbesondere mit Goethe war er eng befreundet. In seiner Zeit wurde der literarische Musenhof Weimar auch zu einem Hauptort des europäischen Musiklebens. 1837 starb Hummel dort europaweit hoch geehrt. Da er auch als Geschäftsmann sehr zielstrebig und erfolgreich war, hinterließ er als der möglicherweise reichste Musiker seiner Zeit ein beachtliches Vermögen. Liszt sorgte mit Benefizkonzerten dafür, dass in Hummels Geburtsstadt Pressburg ein Denkmal für ihn erstellt wurde.

Hummels kompositorisches Werk, mit dem er zu Lebzeiten ziemlich erfolgreich war, ist sehr umfangreich. Mit Ausnahme der Symphonie, wo er offenbar nicht mit Beethoven konkurrieren wollte, hat er sich in allen Gattungen betätigt. Der Schwerpunkt lag – jedenfalls was die Aufmerksamkeit der Musikwelt betraf – bei den Werken für das Klavier, für das er u.a. sechs Konzerte schrieb. Mit diesen Werken hatte er teilweise auch eine nachhaltigere Wirkung, zumal Liszt damit große Erfolge feierte. Nicht zuletzt weil es stilistisch einer Zwischenperiode angehörte, geriet Hummels sonstiges Werk aber nach seinem Tode bald in Vergessenheit.

Vor seiner Zeit an den protestantischen Höfen von Stuttgart und Weimar, die keine Kirchenmusik nachfragten, schrieb Hummel auch einige Werke dieser Gattung, darunter sechs Messen. Auf deren Qualität ist man erst in neuerer Zeit wieder aufmerksam geworden. Dies gilt auch für das „Te Deum“ für Chor und Orchester, welches Hummel Anfang 1806 in der Zeit seiner Tätigkeit für den Fürsten Esterházy verfasste. Im esterházy´schen Musikinventar, das Hummel erstellte, heißt es, dass es für eine „Friedensfeyer“ geschrieben worden sei. Man hat daher vermutet, dass es anlässlich des Vertrages von Pressburg  komponierte wurde, mit dem Ende Dezember 1805 die Niederlage Österreichs gegen Napoleon in der Schlacht von Austerlitz besiegelt wurde. Allerdings hatten Österreich und der Fürst Esterházy, wiewohl man sich mit dem Vertrag von einer gewaltigen  Kriegslast befreit gefühlt haben mag, wenig Grund, dieses Ereignis mit einem solch brillianten und freudestrahlenden Werk zu feiern. Der Friedensvertrag von Pressburg war für Österreich äußerst bitter. Nicht zuletzt war er mit gewaltigen Gebietsverlusten verbunden. Anhaltspunkte dafür, dass das Werk seinerzeit in diesem Rahmen tatsächlich aufgeführt wurde, sind daher auch nicht vorhanden. Man weiß aber, dass es im Jahre 1828 nach dem Tode der Erzherzogs Carl August von Weimar, dem Gönner Goethes und Hummels, zur Inthronisation von dessen Nachfolger gespielt wurde. Die Leipziger „Allgemeine Musikzeitung“ schrieb damals, dass man ein „feurig und glänzend gearbeitetes“ Werk gehört habe.