Die Musik zu den „Drei geistlichen Hymnen“ war ursprünglich Teil einer Schauspielmusik für das freimaurerische Drama „Thamos König von Ägypten“ des Freiherrn von Gebler. Mozart schrieb sie in einem ersten Anlauf im Jahre 1773. 1779 wurde sie von ihm überarbeitet und ergänzt. Nachhaltigen Erfolg hatte dieser höchst ambitionierte einzige Beitrag Mozarts zur Gattung der Schauspielmusik nicht. Das Schauspiel, welches im ägyptischen Priester- und Königsmilieu spielte, wurde, wiewohl von literarischen Größen wie Wieland und Ramler gelobt, vom Publikum nicht angenommen und nach wenigen Aufführungen abgesetzt. Enttäuscht spekulierte Mozart in einem Brief an seinen Vater vom Februar 1783: „es müßte nur bloß der Musik wegen aufgeführt werden – aber das wird wohl schwer gehen – schade ist es gewiß“. Die vergebliche Mühe scheint Mozart jedoch nicht ruhen gelassen zu haben. In seinen Nachlaß fanden sich Abschriften von drei Chören mit neuen, nunmehr christlich-geistlichen Texten. Ob Mozart, der Übung der Zeit entsprechend, diese Parodien selbst gefertigt hat, ist nicht bekannt. Da sich die Abschriften aber in seinem Besitz befanden, kann davon ausgegangen werden, daß es nicht ohne seine Zustimmung geschah.
Die Musik der Thamos-Chöre zeigt Mozart auf einem frühen Höhepunkt seiner musikdramatischen Meisterschaft. Chor und Orchester werden erstmals völlig selbständig geführt und tragen so je auf ihre Weise kommentierend zum musikalisch-dramatischen Geschehen bei. Dadurch entsteht eine neue Werkform von faszinierender Komplexität. Daß Mozart die Musik der Thamos-Chöre zu schade für die Ablage war, zeigt im übrigen die Tatsache, daß er später auch in anderem Zusammenhang darauf zurückgriff. Elementen daraus begegnen wir in der Zauberflöte, was mit dem ebenfalls freimaurerischen Inhalt dieser Oper zu tun haben mag. Aber auch der Steinerne Gast aus Don Giovanni ist hier vorgezeichnet.