Bereits neun Monate vor der Reise, die durch Mörikes Novelle berühmt geworden ist, befand sich Mozart auf der Reise nach Prag. In seinem Gepäck befand sich eine fertiggestellte Symphonie in D-Dur. Der Zweck der Reise war, das Eisen zu schmieden, das in Prag gerade heftig glühte. Seit einigen Wochen spielte man dort mit überwältigendem Erfolg den „Figaro“. Mozart wollte diesen Erfolg vor Ort persönlich genießen und möglichst in neue Kompositionsaufträge ummünzen. Die mitgebrachte Symphonie war daher ohne Zweifel so etwas wie ein Werbegeschenk an die Prager. Dies und die Tatsache, daß sie in Prag uraufgeführt wurde, ist der Grund dafür, daß sie als „Prager Symphonie“ bezeichnet wird.
Die Uraufführung der „Symphonie ohne Menuett“, wie sie auch genannt wurde, fand anläßlich einer Akademie statt, die Mozart am 19.1.1787 veranstaltete. Es war die Stunde eines seiner größten persönlichen Triumphe. Das Theater war so voll wie nie und das Publikum feierte den Schöpfer des Figaro wie einen König (daß mit Einnahmen von 1000 Gulden auch die Kasse stimmte, dürfte Mozart noch zusätzlich befriedigt haben). Nach der Aufführung der neuen Symphonie improvisierte Mozart auf dem Klavier. Durch die Ovationen des Publikums wurde er gezwungen, zwei umfangreiche Improvisationen zuzugeben. Zuletzt spielte er auf Zuruf aus dem Publikum Variationen über die Figaro-Arie „Non piu andrai“.
Liest man die zeitgenössischen Berichte über dieses Konzert, so kann man nur beklagen, daß das Tonbandgerät damals noch nicht erfunden war. Der Eindruck der Improvisationen war so groß, daß das, was uns Heutigen von diesem denkwürdigen Konzert verblieben ist, ganz in den Hintergrund trat. Die Prager Oberpostamtszeitung vom 23.1.1787 berichtete über das Konzert: „Freytag den 19.“, so heißt es, „gab Hr. Mozart auf dem Fortepiano im hiesigen Nationaltheater Konzert. Alles was man von diesem großen Künstler erwarten konnte, hat er vollkommen erfüllt. Gestern wurde die Oper Figaro, ein Werk seines Genies, von ihm selbst dirigiert.“ Von der Symphonie erfahren wir nichts. Die Prager haben sie offenbar als bloßes Werbegeschenk angesehen.
Mozarts Erwartungen in die werbende Wirkung seines Auftretens und der Symphonie sind voll in Erfüllung gegangen. Ende Februar kehrte er, wie erhofft, mit einem Vertrag über eine neue Oper nach Wien zurück. Im Oktober des gleichen Jahres war Mozart wieder auf der Reise nach Prag, auf jener Reise eben, die Mörike zum Ausgangspunkt seiner Novelle genommen hat. Im Gepäck hatte er diesmal die Noten der neuen Oper. Man hätte sie nach dem Beispiel der Prager Symphonie die „Prager Oper“ nennen können. Sie wurde aber unter dem Namen „Don Giovanni“ bekannt.
Die Prager Symphonie steht so zwischen Figaro und Don Giovanni. Ihre Interpreten haben daher vor allem nach den Parallelen zu diesen beiden Opern gesucht. Allerdings kommt auch der auf seine Kosten, der sie nicht unter dem Gesichtspunkt der Verwandtschaft mit anderen Werken Mozarts betrachtet. Die Prager Symphonie ist nicht zuletzt ein Meisterwerk polyphoner Themenverarbeitung. Ihr erster Satz enthält eine der „größten und ernstesten, kriegerischsten Durchführungen in Mozarts Schaffen“.