Chopin war ein musikalischer Spezialist. Er komponierte ausschließlich Werke, an denen das Klavier beteiligt ist. Die meisten Werke von Chopin, der sich für nichts außer Musik interessierte, sind dazu für Klavier Solo geschrieben, die überwiegende Zahl davon ist einsätzig. Bei den Werken, an denen auch andere Instrumente beteiligt sind, handelt es sich fast ausschließlich um Jugendwerke. Insbesondere die Kompositionen mit Orchesterbegleitung stammen allesamt aus der Zeit vor seiner Übersiedlung von Warschau, wo Chopin aufwuchs, nach Paris, wo er sein gesamtes Erwachsenenleben verbrachte. Diese Übersiedlung fand im Jahre 1832 statt. Seine beiden Klavierkonzerte schrieb Chopin zwei Jahre zuvor im Alter von 20 Jahren.
Die zunehmende Spezialisierung Chopins, die nicht zuletzt dazu führte, daß er die Möglichkeiten des Klaviers wie kein anderer ausleuchtete, hat ihren Grund in dem komplizierten biographischen Prozess, in dem er seine Rolle als Musiker in der Gesellschaft fand. Die frühen Werke für Klavier und Orchester spiegeln noch die Absicht, eine Karriere als Klaviervirtuose zu machen. Wie damals üblich schrieb Chopin diese Werke zunächst einmal, um damit selbst auftreten zu können. Damit hatte er anfangs auch einigen Erfolg. Bald stellte er jedoch fest, dass er nicht das Zeug zum reisenden Tastenlöwen hatte. Nach seiner Übersiedlung nach Paris trat er daher nur noch ganz selten vor einem anonymen Konzertpublikum auf. Die Rolle, die seinem sensiblen Naturell entsprach, fand er in der Intimität des Pariser Salons, dessen musikalischer Mittelpunkt er werden sollte. Dies hatte Auswirkungen auf Form und Inhalt seiner späteren Kompositionen. In den Salon passten keine umfangreichen und erkenntnisschweren Werke. Das Publikum wollte auf raffinierte Weise, nicht allzu langwierig und mit immer wieder Neuem unterhalten werden (was Chopin allerdings nie dazu verleitete, bloße Salon-Musik zu schreiben).
Die beiden Klavierkonzerte stehen an einem Wendepunkt in der künstlerischen Entwicklung des Komponisten. Es handelt sich einerseits um Virtuosenkonzerte im damals üblichen „stile brillante“, den Chopin im Rahmen seines Studiums am Warschauer Konservatorium insbesondere über die Klavierkonzerte von Johann Nepomuk Hummel kennen gelernt und dem er in seinen frühen Werken bereits ausgiebig Tribut gezollt hatte. Den Vertretern dieses Stiles, zu denen etwa auch Paganini gehörte, ging es vor allem darum, Eindruck beim Publikum zum machen, weswegen sie komplizierte technische Kunstgriffe sowie verblüffende und mitreißende musikalische Effekte suchten. Chopins Konzerte sind die einzigen Klavierwerke diese Stiles, die sich im Repertoire erhalten haben. Andererseits sind die Konzerte die ersten größeren Werke, in denen Chopins persönlicher Stil voll zur Geltung kommt. Abgesehen von der exquisiten Harmonik gilt dies insbesondere für die Rolle des musikalischen Ornamentes. Bei Chopin wird das Ornament zum gleichberechtigten Partner der musikalischen Struktur. Es ist nicht Beiwerk, das lose mit dem thematischen Material verbunden ist, sondern selbständiger Träger der musikalischen Substanz. Als solches treibt es das Geschehen auch aus eigener Kraft voran.
In Chopins Klavierkonzerten geht es, den Gepflogenheiten des „stile brillante“ entsprechend, nicht so sehr um den Wettstreit oder den intensiven Austausch zwischen Soloinstrument und Orchester im Sinne der Muster, die Mozart und insbesondere Beethoven geschaffen hatten. Das Orchester spielt eine eher untergeordnete Rolle. Für Chopin war es offenbar nicht zuletzt ein Mittel zur Inszenierung einer Konzertveranstaltung. Er selbst führte die Konzerte zum Teil dergestalt auf, dass sich das Klavier alleine auf der Bühne und das Orchester im (Orchester)Graben befand.
Der poetische Charakter der Werke Chopins hat die Interpreten immer wieder dazu veranlasst, in ihnen eine „Handlung“ zu suchen. Anders als viele seiner romantischen Zeitgenossen schrieb Chopin aber keine Programmmusik. Er äußerte er sich auch nie zum „Inhalt“ seiner Musik. Für den zweiten Satz des f-moll Konzertes wissen wir aber wenigstens, welche Gefühle ihn bei der Komposition bewegten. Wie ein Brief von Oktober 1829 an seinen Vertrauten Tytus Woyciechowski zeigt, dachte er dabei an seine erste Liebe, die Mitstudentin Konstancja Gladkowska, der er sich in seiner Schüchternheit nie zu offenbaren wagte. „Ich habe“ heißt es darin, „vielleicht zu meinem Unglück, mein Ideal, dem ich treu diene, obwohl ich schon seit einem halben Jahr nicht mit ihm gesprochen habe, von dem ich träume, zu dessen Gedenken das Adagio in meinem Konzert entstanden ist“.