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Josef Haydn (1732 – 1809) Konzert für Trompete und Orchester

Wenn man die Liste aller Trompetenkonzerte betrachtet, fällt auf, dass sich darin nur ganz wenige Namen von Komponisten der ersten Ordnung finden. Die Ausnahmen von dieser Regel sind spärlich und stammen alle aus dem 18. Jh. Es gibt zwei Trompetenkonzerte von Vivaldi und eines vom 12-jährigen Mozart, das aber verloren gegangen ist. Ansonsten findet sich auf der Liste, die rund 50 Konzerte umfasst, von den ganz Großen nur noch Haydn. Er schloss die Reihe seiner insgesamt mindestens 33 Instrumentalkonzerte mit einem Werk für Trompete ab.

Angeregt zu Komposition dieses Konzertes wurde Haydn durch seinen Freund Anton Weidinger, der in Wien die Stelle eines Hoftrompeters innehatte. Er überraschte Haydn im Jahre 1796, als dieser gerade an seinem späten oratorischen Meisterwerk „Die Schöpfung“ arbeitete, mit der Erfindung einer „Trompete mit Klappen, mittels derer sich in allen Lagen alle chromatischen Töne erzeugen lassen.“ Vor dieser Erfindung konnten mit der Trompete im Wesentlichen nur Naturtöne erzeugt werden, was chromatische Durchgänge praktisch unmöglich machte. Darüber hinaus war der Umfang der Tonreihe nach unten begrenzt. Ähnlich wie bei den Holzblasinstrumenten bohrte Weidinger Löcher in das Schallrohr der Trompete, die mit Klappen geschlossen und geöffnet werden konnten. Auf diese Weise konnte man die Länge der Luftsäule, welche die Tonhöhe bestimmt, beliebig verändern und damit alle (Halb)Töne erzeugen. Außerdem konnte der Tonumfang nach unten wesentlich erweitert werden.

Haydn war von Weidingers Erfindung fasziniert und komponierte sofort ein Konzert, in dem er die neuen Möglichkeiten nutzte. So entstand ein Werk, mit dem die Trompete in Regionen des Ausdrucks vordrang, die ihr bislang verschlossen waren. Dieses erste Konzert für die moderne Trompete, in dem Haydn dazu alle Mittel seiner reifen Kompositionskunst einsetzte, ist bis heute das Referenzwerk für dieses Instrument. Allerdings wird es heute nicht mehr auf Weidingers Klappentrompete gespielt, bei welcher der typische Trompetenklang dadurch verändert war, dass die Luft nicht mehr allein durch den Schalltrichter sondern auch durch die Klappenlöcher entwich. Nicht lange nach Weidingers Erfindung wurde durch deutsche Instrumentenbauer die Ventiltechnik entwickelt, mit welcher die Länge der Luftsäule ohne diesen Nebeneffekt verändert werden konnte. Diese fand alsbald in der heute gebräuchlichen Ventiltrompete Verwendung. Dadurch erklingt Haydns Werk heute in der Regel in einer Weise, die der Meister nicht gekannt, ohne Zweifel aber gewünscht hat.

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1717- 1723 Johann Sebastian Bach (1685-1750) – Konzert für drei Trompeten und Orchester

Bach hat den Einsatz seiner musikalischen Ressourcen teilweise in einer Weise optimiert, die an moderne Verwaltungs- und Produktionstechniken erinnert. Heute ist es zur Verringerung von Aufwand und Kosten üblich, Produkte von vorneherein so zu konzipieren, dass ihre Grundelemente für verschiedene Waren und Leistungen verwendet werden können. In den Verwaltungen etwa wird in großem Maße mit Textbausteinen, in der Massengüterindustrie mit „Plattformen“ und in der Popmusik mit „Samplern“ gearbeitet. Auf ganz ähnliche Weise hat Bach seine musikalische Produktion „gesteuert“. Er hat in erheblichem Maße musikalisches Material früherer Werke in späteren Kompositionen wiederverwendet. So bekannte „Originalwerke“ wie die „H-moll Messe“ oder das „Weihnachtsoratorium“ sind weitgehend aus Elementen bereits vorhanden gewesener Werke zusammengesetzt. Für ein derartiges „Recycling“, das in der Barockzeit gängige Praxis war, hat sich der etwas schiefe Begriff "Parodie" eingebürgert.

Erstaunlich ist dabei die Flexibilität Bachs im Umgang mit dem musikalischen Material. Bei der Übertragung vorhandener Musik auf ein neues Vokalwerk etwa musste sich kurzerhand der Text des neuen Werkes an die vorhandene Musik anpassen, womit das „normale“ Verhältnis von Text und Musik auf den Kopf gestellt wurde. Bach hat die Probleme, die daraus resultieren, zwar teils durch kleine, bezeichnende Retuschen des musikalischen Ausgangsmaterials gelöst. Teils wurden die neuen Texte aber auch einfach auf die vorhandene Musik geschrieben, wobei der Inhalt der Musik unter Umständen eine ganz andere Richtung erhielt

Das Verfahren, unterschiedliche Produkte aus gemeinsamen Elementen herzustellen, erlaubt es in gewissem Maße, den Produktionsprozess umzukehren und frühere Werke aus späteren zu rekonstruieren. Auf diese Weise sind in letzter Zeit mehrere verschollene Instrumentalwerke Bachs „wiedererstanden“. Sie stammen meist aus Bachs Köthener Zeit (1717-23), in der er sich fast ausschließlich mit Instrumentalmusik beschäftigte.

Das Konzert für drei Trompeten und Orchester wurde von dem Bachspezialisten Diethart Hellmann aus zwei Vokalwerken Bachs rekonstruiert, die zu Beginn seiner Leipziger Zeit entstanden. Bach hatte im Frühjahr 1725 sowohl eine Schäferkantate für den Weißenburger Hof als auch ein Osteroratorium zu schreiben. Wiewohl die Sujets nicht hätten weiter auseinander liegen können, verwendete er für beide Werke das gleiche musikalische Material. Dieses basiert, wie man aus verschiedenen Umständen entnehmen kann, offenbar weitgehend auf einem Konzert für drei Trompeten aus der Köthener Zeit, das verlorengegangen ist.

Weitere Texte zu Werken von Bach und rd. 70 anderen  Komponisten siehe Komponisten- und Werkeverzeichnis