Antonin Dvoraks Aufstieg vom Metzgerssohn aus dem böhmischen Dorf Nelahozeves zum internationalen Musikstar ist wesentlich einem Brief von Johannes Brahms zu verdanken. Der junge Musikus, der in den bescheidensten Verhältnissen lebte, bildete sein Talent im Stillen. In einem Alter, das Mozart schon nicht mehr erreichte, war er, wiewohl fleißig komponierend, noch so gut wie unbekannt. Im Jahre 1877 aber – er war bereits 36 Jahre alt – wandte er sich an den acht Jahre älteren und schon berühmten Kollegen Brahms und bat ihn um Vermittlung des Kontaktes zu dessen Verleger. Brahms schrieb daraufhin an Fritz Simrock und empfahl ihm Dvorak als „sehr talentvollen Menschen“. Dabei vermerkte er: „Nebenbei arm! Und bitte ich das zu bedenken!“
Simrock nahm sich des unbekannten Tschechen an. Er verlegte dessen volkstümliche Gesangsduette „Klänge aus Mähren“. Diese wurden auf Anhieb ein großer Erfolg. Danach schmiedete er das folkloristische Eisen, das so heftig glühte, kräftig weiter. Dvorak bekam sofort den Auftrag, in Anlehnung an die „Ungarischen Tänze“ von Brahms „Slawische Tänze“ zu komponieren. Die 16 Tänze, die Dvorak vorlegte, wurden zum Grundstein für einen Komponistenruhm, der sich bis nach Amerika verbreiten sollte. Vorderhand verdiente sich Dvorak damit sein erstes nennenswertes Honorar, 300 Mark, die er stolz in seinem Stammcafé vorzeigte.
Die Kunde von dem musikantischen Böhmen erreichte Anfang der 80-er Jahre des letzten Jahrhunderts auch das viktorianische England. 1884 lud die Londoner Philharmonic Society Dvorak zu einem Besuch auf die Insel ein. Dort konnte er insbesondere mit seinem anrührenden „Stabat Mater“, welches unter dem Eindruck des Todes von drei seiner Kinder entstanden war, einen triumphalen Erfolg verbuchen.
Zurück in die Heimat nahm Dvorak, den man in England bald den böhmischen Brahms nannte, den Auftrag der Philharmonic Society an, eine neue Symphonie zu komponieren. So entstand im Jahre 1884 seine siebte Symphonie. Die Uraufführung fand im April 1885 in St. James Hall in London unter seiner eigenen Leitung statt und hatte, wie Dvorak seinem Verleger – nicht zuletzt unter dem Aspekt, seine Honorarforderung zu begründen – mitteilte, „einen überaus glänzenden Ausgang“.
Die Frage der Honorierung der Symphonie führte in der Folge zu einer bemerkenswerten Kontroverse zwischen Verleger und Komponist. Dvorak, der sich bis dato mit dem beschieden hatte, was ihm gegeben wurde, hatte durch seine Erfolge in England erfahren, dass er so etwas wie einen Marktwert hatte. Das Angebot von Simrock, das sich auf 3000 Mark belief, lehnte er ab und verlangte unter Berufung auf seine Verpflichtungen als Familienvater das Doppelte. Simrock antwortete mit einem Klagelied darüber, wie schlecht die großen Werke Dvoraks gingen. „Schreiben sie mir zwei neue Hefte Slawische Tänze zu vier Händen“, verlangte er, „das wird Ihnen viel leichter wie eine Symphonie, macht Ihnen nicht den vierten Teil der Arbeit und Mühe und ich zahle Ihnen lieber 2000 Mark dafür, wie 3000 für die Symphonie.“
Dvorak blieb bei seinem Standpunkt. Gegen Simrocks Wunsch, gängige, insbesondere „bloß“ folkloristische Werke zu komponieren, wandte er ein, dies führe zu dem Resultat: „keine Symphonien, keine großen Vokalwerke und keine Instrumentalmusik schreiben, nur hier und da vielleicht ein paar Lieder, Klavierstücke oder Tänze und ich weiß nicht alles was herausgeben: und das kann ich als Künstler, der etwas bedeuten will, eben nicht!“ Und wieder fügte er hinzu: „Bitte bedenken Sie, dass ich ein armer Künstler und Familienvater bin und tun Sie mir nicht Unrecht“.
Beide Parteien beharrten noch eine Zeitlang auf ihren Positionen bis man sich nach weiteren hin- und her gewechselten Briefen auf einen Kompromiss einigte. Danach sollte Dvorak nach Art eines Kompensationsgeschäftes noch zwei weitere Hefte „Slawische Tänze“ liefern und für alles 8000 Mark erhalten.
Dieser Honorarstreit spiegelt ein Dilemma, aus dem sich Dvorak unter anderem mit der siebten Symphonie zu befreien suchte. Seine populär gewordenen Werke hatten ihm den Ruf eines Musikers eingebracht, der stark an lokaler Folklore orientiert sei. Tatsächlich hatte Dvorak nicht zuletzt unter dem Einfluss des seinerzeit aufkeimenden tschechischen Nationalbewusstseins so etwas wie eine „Slawische Periode“ durchlaufen, wovon auch seine früheren Symphonien beeinflusst waren. Mit Werken wie der siebten Symphonie drängte er, ohne seine Herkunft zu verleugnen, aus dem lokalen Rahmen in die internationale Musikwelt, hin auch zu seinem Freund Brahms, dem er zeitlebens in Dankbarkeit verbunden blieb.
Weitere Texte zu Werken Dvoraks und rd. 70 weiterer Komponisten siehe Komponisten- und Werkeverzeichnis