Händel schrieb in den ersten beiden Dritteln seines schöpferischen Lebens hauptsächlich Opern. Bis zum Jahre 1737 komponierte er nicht weniger als 40 Bühnenwerke, meist Heldenopern in antikem Umfeld, die er mit Opernkompagnien aufführte, an denen er wirtschaftlich beteiligt war. Seine geschäftlichen Verhältnisse waren dabei ziemlich verwickelt. Ein Opernunternehmen löste das andere ab, nicht zuletzt weil die Finanzlage immer wieder prekär war. Mitte der 30-er Jahre des 18. Jahrhunderts ging schließlich alles bergab. Das deutsch-englische Gespann Johann Pepusch und John Gay hatte die Heldenoper mit ihrer „Bettleroper“, dem Vorbild für Brechts „Dreigroschenoper“, so treffend persifliert, daß das Genre unmöglich gemacht war. Die Folge war, daß der einstmals blühende englische Markt für Heldenopern zusammenbrach. Händel, der vollkommen erschöpft war, erlitt seinerseits einen gesundheitlichen Zusammenbruch. Durch einen Schlaganfall war er teilweise gelähmt und schien am Ende zu sein. Er ging in eine längere Kur nach Aachen. Wundersamerweise kehrte er völlig geheilt zurück.
Mit frischen Kräften und mit beispiellosem Elan stürzte sich Händel danach in neue musikalische Projekte. Zunächst entstand eine Reihe von Instrumentalwerken, Musikstücke, die so etwas wie die Zwischenaktmusik für die beiden letzten Abschnitte seines musikalischen Lebensdramas sind. Diese „Gelegenheitswerke“ bilden die Überleitung vom tragischen Ende der Opernzeit zur großen Periode des Oratorienschaffens mit ihrem Heldenschluß, dessen Protagonist Händel selber ist.
Die 12 Concerti grossi Op.6 schrieb Händel im Herbst 1739 binnen eines Monats. Auch im Konzertleben hatten sie zunächst die Funktion von Zwischenaktmusiken. Sie wurden in der Hauptsache zwischen Teilen von Oratorien oder anderen „Hauptwerken“ gespielt.
Erstmals aufgeführt wurden die Werke in der Wintersaison 1739/40 im Rahmen von Händels großen privaten Konzertveranstaltungen. Die ersten Stücke kamen, wie man einer Ankündigung der London Daily Post vom 17.11.1739 entnehmen kann, am 22. November 1739 im Lincoln’s Inn Fields Theater zu Gehör. Da das Wetter seinerzeit außerordentlich kalt war, vermerkte die Daily Post: „Es werden besondere Vorkehrungen getroffen, um das Haus warm zu halten, und zur Bequemlichkeit wird der Durchgang von der Straße zum Tor überdacht sein.“ Da dies offenbar Obdachlose anzog – eine merkwürdige Reminiszenz an die Bettleroper – , sah sich Händel bei einer weiteren Aufführung zu dem Hinweis veranlaßt: „Es wird mit besonderer Sorgfalt darauf geachtet, daß Wachpersonal die Gänge frei von Gesindel hält.“
Die Form der 12 Concerti grossi, die ausschließlich für Streichorchester geschrieben sind, übernahm Händel im wesentlichen von Corelli, der diesen Werktypus zur Vollendung brachte. Trotz der kurzen Entstehungszeit – manche Konzerte wurden in einem Tag komponiert – hat Händel darin sein ganzes Können aufgeboten. Wegen des außerordentlichen Panoramas an musikalischen Formen und Stimmungen und der meisterlichen Verarbeitung werden sie allgemein als seine besten Instrumentalwerke angesehen.