1717- 1723 Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) – Konzert für 2 Violinen und Orchester d-moll

Über die Entstehung von Bachs Konzerten für Violine ist wenig bekannt. Wahrscheinlich sind sie allesamt in seiner Köthener Zeit (1717 bis 1723) entstanden, in der sich Bach im wesentlichen mit Instrumentalmusik zu beschäftigen hatte. Transkriptionen, die Bach später in Leipzig vornahm, zeigen, dass er in dieser Zeit außer den erhaltenen drei Werken noch sechs weitere Konzerte für Violine schrieb. Merkwürdigerweise hat man von diesen Konzerten aber keine Originalstimmen gefunden. Sie sind uns nur in der Form bekannt, die ihnen Bach bei der Übertragung auf das Cembalo gab. Nach allem, was wir wissen, scheinen die verbliebenen Konzerte aber die Filetstücke dieser Gattung in Bachs Werk zu sein. 

Dies gilt ohne Zweifel für das Doppelkonzert, das schon wegen seines „himmlischen“ zweiten Satzes nicht nur zu den schönsten Werken Bachs sondern der ganzen Geigenliteratur gehört. Die beiden vitalen Ecksätze sind darüber hinaus geradezu ein Muster kompakter und zwingender Kompositionskunst. Alles ist mit einer solchen Notwendigkeit auseinander hergeleitet, dass es unmöglich ist, sich auch nur eine Note dazu- oder wegdenken. Wenn man unter klassisch die vollkommene Stimmigkeit des Ganzen und seiner Teile versteht, dann ist dieses Werk der Prototyp des Klassischen. Im Gegensatz zu den beiden Soloviolinkonzerten, in denen das Element des motivischen Wettstreites zwischen Solist und Orchester im Vordergrund steht, ist das Doppelkonzert eher ein Werk des einträchtigen Miteinanders der Soloinstrumente gegen das Orchester. Die Soloviolinen präsentieren die Themen zunächst wie bei einem Kanon, vereinen und trennen sich zu variierenden Exkursen, um schließlich in vollkommener Harmonie wieder zu einander zu finden. Diese Art des  Zusammenwirkens eigenständiger Subjekte dürfte wohl der Grund dafür gewesen sein, dass das Werk auf dem Höhepunkt des kalten Krieges zum Instrument der politischen Symbolik werden konnte. Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts berichteten die Wochenschauen in großer Aufmachung über ein musikalisches Ost-West-Gipfeltreffen, bei dem Yehudi Menuhin und David Oistrach als die künstlerischen Repräsentanten der verfeindeten Politblöcke erstmals zusammenkamen, um mit dem Doppelkonzert friedliche Koexistenz darzustellen.

Weitere Texte zu Werken von Bach und rd. 70 anderen  Komponisten siehe Komponisten- und Werkeverzeichnis

 

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