Auch wenn der Begriff des Barock, der – abgeleitet von portugiesischen Wort „barucca“, mit dem man unrund geformte Perlen beschrieb – schon im 17. Jahrhundert die Bedeutung von „regelwidrig“ hatte, hat man in Europa das Unregelmäßige in der (Bau)Kunst richtig erst im 18. Jahrhundert entdeckt. Den Höhepunkt erreichte die Unregelmäßigkeit im alles überwuchernden Muschelwerk des Rokoko, in dem die Asymmetrie schließlich zum Prinzip erhoben wird. Zur gleichen Zeit – nicht selten sogar unmittelbar damit verbunden, entstand in Europa die Chinoiserie. Dies dürfte seinen Grund nicht zuletzt darin haben, dass ein wesentliches Merkmal auch der chinesischen Kunst die kunstvolle Unregelmäßigkeit ist. Die Frage ist nur, ob die Deregulierung der Form in Europa eine Folge des Kontaktes mit der chinesischen Kunst oder ob die Bereitschaft Europas zur Aufnahme von Elementen chinesischer Kunst eine Konsequenz des Interesses an der Unregelmäßigkeit ist. Ganz auseinanderhalten kann mein beide Aspekte sicher nicht. Für ein Übergewicht des Letzteren spricht aber der Umstand, dass man seit der Mitte des 17. Jahrhundert gesellschaftliche Regelwidrigkeiten, nämlich die Kritik an den „regulären“ Mächten Kirche und absoluter Staat, gerne in Chinesenvergleichen versteckte.