Unter den ganz großen Protagonisten der Musikgeschichte findet sich nur einer, der sich längere Zeit in Stuttgart aufhielt: Carl Maria von Weber. Aber selbst diesen hat man des Landes verwiesen. In der Stuttgarter Zeit ist unter anderem auch das Andante e Rondo ungarese entstanden.
Webers Aufenthalt in Schwaben in der Zeit von 1807 bis 1809 hat freilich weniger mit Musik als mit Geld zu tun. Der junge Mann kam seinerzeit von Schlesien, wo er Kapellmeister an der Oper in Breslau war. Die Stelle hatte er vor allem wegen finanzieller Probleme aufgeben müssen. Der Stadtrat hatte ihm vorgerechnet, daß er statt Kassenschlagern, wie der Oper „Donauweibchen“ von Ferdinand Kauer, Werke seines „Schwagers“ Mozart gespielt habe, die wenig einbrachten. Auch privat hatte er über seine Verhältnisse gelebt und allerhand Schulden aufgehäuft.
Nach Breslau hielt sich Weber durch Vermittlung einer Verehrerin eine Zeitlang auf Schloß Carlsruhe in Oberschlesien auf, wo Herzog Eugen von Württemberg einen aufwendigen Musenhof mit eigener Oper unterhielt. Dort lernte er das verschwenderische Leben eines Duodezfürsten kennen, was sein Verhältnis zum Geld nicht verbesserte. Als die Carlsruher Hofhaltung im Zuge der Napoleonischen Wirren aufgelöst wurde, kam Weber auf Empfehlung Herzog Eugens nach Stuttgart, wo er die Stelle eines „geheimen Sekretärs“ bei Herzog Ludwig, dem Bruder König Friedrichs, erhielt. Als solcher hatte er sich ausgerechnet um dessen notorisch zerrüttete Finanzen zu kümmern.
Die Sache ging nicht gut aus. Weber orientierte sich nicht nur in seinem privaten Ausgabeverhalten und sondern auch bei der Geldbeschaffung an seinem unseriösen Arbeitgeber. Am 7.2.1810 wurde er daher wegen Untreue, Diebstahls und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit Wehrdienstmanipulationen seines Herrn verhaftet und drei Wochen später auf Lebenszeit des Landes verwiesen.
Weber hatte in Stuttgart aber nicht nur mit Geld zu tun. Unter den Namen „Krautsalat“ war er Mitglied des Stuttgarter Geheimbundes „Faust’s Höllenfahrt“ einem Künstlerkreis, dem auch der Hofkapellmeister Franz Danzi (Mitgliedsname „Rapunzel „) angehörte. Danzi, mit dem Weber der gemeinsame Lehrer, Abt Vogler, verband, hatte wesentlichen Einfluß auf Webers musikalisches Schaffen und regte ihn immer wieder zu Kompositionen an. Unter anderem schrieb Weber in Stuttgart eine Reihe von Liedern, eine Musik zu Schillers Thurandot und die Oper Silvana, deren Text der Stuttgarter Höllenfahrer Franz Carl Hiemer (Mitgliedsname „Reimwol“) verfasst hatte.
Das „Andante e Rondo ungarese“ entstand wenige Wochen vor Webers Verhaftung in Stuttgart und ist „seinem Bruder Fritz in Ludwigsburg“ gewidmet. Ob dieses Stück im Schwäbischen noch aufgeführt wurde, wissen wir nicht. Bekannt ist, daß es im Jahre 1813 in einer Fassung für Fagott gespielt wurde. Seinerzeit schrieb die Leipziger „Allgemeine Musikalische Zeitung“, Weber habe „in diesem Produkt sein herrliches Talent für herzansprechenden Gesang … neuerdings rühmlich bewiesen“. Das kurze Werk, in dem die melodischen und virtuosen Möglichkeiten des Instrumentes voll zu Geltung kommen, ist eines der wenigen großen Solostücke aus vorromantischer Zeit für die Bratsche, die, wie nicht zuletzt dieses Werk zeigt, von der Musikgeschichte zu Unrecht so lange so stiefmütterlich behandelt wurde.