Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies – Tagebuch einer Rucksackfamilienreise durch Malaysia im Jahre 1985 Teil 3

Der vollständige Text befindet sich auf der Seite IX Reisetagebuch Malaysia 1985 

22.3.1985

Faulenzen am Strand. Die Kinder sind in ihrem Element. Man spricht mit Reisenden, darunter einem polnischen Offiziellen, vermutlich aus dem auswärtigen Dienst. Beim Zitronensaft in Nazir’s Restaurant stoße ich auf zwei Deutsche, die im Flugzeug nach Singapur neben mir gesessen hatten. Auch andere europäische Träume richten sich auf die ferne Tropeninsel. Man genießt die Ruhe und die Idylle.

Gegen Mittag machen wir einen Spaziergang entlang des Strandes, vorbei an malerisch verstreuten Kampongs, die zwischen allerlei blühenden Sträuchern unter Palmen stehen. Überall sehen wir freundlich lachende Gesichter.
Es herrscht  eine Atmosphäre weichen Friedens. Am späten Nachmittag unternehmen wir eine etwas längere Wanderung zum anderen Ende der Bucht. Alle 100 bis 150 Meter kommt ein Bach mit silbrig klarem Wasser aus dem Dschungel, über den kleine Holzbrücken führen.

Schließlich stoßen wir auf das Paradies. Es liegt am ABC-Strand. Malerisch hintereinander gestaffelt stehen hier einige A-förmige-Hütten in einem lockeren Palmenwald. Junge Leute liegen unter großen Bäumen in Hängematten am Strand, lesen, schreiben Tagebücher oder sinnieren über die Schönheit der Welt, eine stille und ausgeruhte Stimmung. Neben der kleinen Siedlung rauscht der unvermeidliche kleine Bach. Kurz vor seinem Austritt auf den Strand füllt er die Badewanne des Paradieses. Sie besteht aus einer Vertiefung in den glatten runden Felsblöcken, die groß genug ist, dass man im kühlen, rauschenden und kristallklaren Bergwasser untertauchen kann. Dazu plätschert die Paradiesdusche hinein, deren Wasser über Bambusrohre aus dem grünen Palmengewirr des Urwaldes geführt wird. Flugs ist die ganze Familie in der Dschungelbadewanne.

Derart erfrischt geht es dann in den Dschungel. Die Bucht endet hinter dem ABC-Strand mit einem Felsvorsprung aus aufgetürmten schwarzen Quadern. Dahinter führt ein schmaler Pfad steil in den dichtesten Wald hinein. Den Kindern wird es unheimlich, zumal es ziemlich dunkel ist. Cinque schimpft und vermutet überall Schlangen und sonstiges Ungetier, insbesondere Tiger. Zur Beruhigung muss ich zu drastischen Mitteln greifen. Ich verspreche jedem, der einen Tiger sieht 1000 DM. Das überzeugt. Die Kinder wissen gleich, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Tiger zu finden, dann nicht sehr groß sein kann. Tatsächlich gibt es nicht einmal Moskitos in diesem Wald. So sind die Kinder denn auch bald beruhigt, schaukeln in den Lianen und klettern in den riesigen Baumwurzeln herum, unter denen der Weg durchführt.

Nach einigen hundert Metern beruhigt sich der Weg und führt steil hinunter zu einer kleinen Bucht. Ein Dschungelbach hat hier einige Dutzend Meter weißen Sand aus den Bergen gespült und zwischen den Felsen einen verwunschenen Strandwinkel geschaffen. Er gehört uns ganz alleine. Wir genießen die laue Abendsonne. Die Kinder stauen den Bach und lassen das Wasser danach mit großem Hallo wieder auslaufen. Leider zwingt uns der anbrechende Abend, den zauberhaften Ort alsbald wieder zu verlassen. In den Tropen wird es sehr schnell dunkel.

Der Weg durch den Wald ist inzwischen noch dunkler geworden. Als wir am ABC-Strand ankommen, ist es finster. Hier und da wird eine Hütte mit einer Petroleumlampe beleuchtet. Wir nehmen in dem einfachen Restaurant das Abendessen ein, das wir schon auf dem Hinweg bestellt hatten, Es gibt mehrere Gänge, Fisch, Reis mit Soße, Gemüse und Ananas, all das zu Preisen, die deutlich unter denen liegen, die Nazir verlangt. Die Kinder spielen mit einem jungen Affen, den sie mit Reiskörnern füttern. Er findet Gefallen daran und versorgt sich bald selbst. Sobald man ihm den Rücken kehrt, stibitzt er sich Reis vom Teller.

Wir gesellen uns zu „alten“ Bekannten von der gemeinsam durchlittenen Schiffsfahrt. Die Travellers haben meist eine Neigung zum Philosophischen und Kulturkritischen, genug Stoff also für angeregte Gespräche. So diskutiert man bis tief in die Dunkelheit über Travellerschicksale und über Gott und die Welt.

Durch diese Dunkelheit müssen wir schließlich den Heimweg über Brücken ohne Geländer und umgestürzte Bäume antreten. Diesmal haben wir überhaupt kein Licht. Die Nacht ist mondlos. Allein das Sternenlicht lässt den Saumpfad aufscheinen, der kaum mehr als ein Fuß breit ist. Wir machen die ungewohnte Erfahrung, dass auch solches Licht den Weg weisen kann. Wie viel Helligkeit die Sterne erzeugen, merkt man daran, dass wir vollkommen im Dunkeln tappen, wenn diese Lichtquelle unter dichten Bäumen oder Sträuchern ausfällt. Da hilft nur noch, den Wegrand mit den Füßen zu ertasten.

Nachdem die Kinder im Bett sind, gehen wir ein Stück zurück zum sogenannten blauen Restaurant. Dort treffen wir Dott, eine ältere amerikanische Lady mit verwittertem Gesicht voller Vitalität und Abenteuerlust, die ich bereits am Nachmittag am Strand kennen gelernt hatte. Sie ist mit ihrem Mann, einem Architekten, seit über einem halben Jahr auf Travellersweise unterwegs und bewegt sich unter lauter jungen Leuten. Begeistert erzählt sie von ihren monatelangen Trecks im Himalaya. Bei Dott sind eine junge englische Lehrerin, die in Singapur unterrichtet und eine Chinesin, ebenfalls aus Singapur. Alle sind sehr gesprächsfreudig. So entspinnt sich bis tief in die Nacht hinein – die müden Köche haben das Restaurant längst geschlossen – eine angeregte Diskussion, die von der Wirtschaftskriminalität bis zu allerlei Reiseerlebnissen verläuft. Mir gelingt es, die Chinesin, die demnächst eine Europareise antreten will, davon zu überzeugen, dass es in Europa abgesehen von der Schweiz, wo sie allein lohnende Reiseziele vermutete, noch andere Sehenswürdigkeiten gibt. Am Schluss findet ein allgemeiner Adressentausch statt. Fiona, die englische Lehrerin, lädt uns in ihr Haus nach Singapur ein. Wir haben die feste Absicht, dieser Einladung zu folgen.

Der vollständige Text befindet sich auf der Seite IX Reisetagebuch Malaysia 1985 

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